Da ich selbst mit Waldorfkindergarten und -schule aufgewachsen bin, ist der Jahreszeitentisch für mich eine schöne Erinnerung aus meiner Kindheit. Auch bei uns zu Hause gab es häufig ein geschmücktes Eck, Tischlein oder Fensterbrett, das abwechselnd je nach Jahreszeit dekoriert wurde. In diesem Artikel möchte ich ein wenig über die Idee des Jahreszeitentischs erzählen und dir dann praktische Tipps für die Umsetzung geben, bei der natürlich auch deine Kinder mithelfen können.
Wofür ist ein Jahreszeitentisch eigentlich gedacht?
Ein zentrales Element der Waldorfpädagogik ist der Rhythmus. Sich wiederholende Abläufe geben Kindern Sicherheit in unserer sonst sehr schnelllebigen Welt, in der sie mit ständig wechselnden Eindrücken überflutet werden. Der Jahreszeit stellt den Wechsel der Jahreszeiten bildlich dar und gibt Kindern so durch wiederkehrende Bilder und Feste eine Orientierung im Jahresablauf.
Ursprünglich ist der Jahreszeitentisch in der Waldorfpädagogik sehr an den christlichen Festen orientiert, jedoch ist die Gestaltung natürlich individuell umsetzbar. Ich persönlich finde es zum Beispiel schön, wenn auf dem Jahreszeitentisch nicht nur teuer gekaufte oder aufwendig genähte Blumenkinder und Püppchen stehen, die nicht angefasst werden dürfen, sondern wenn die Kinder auch mitgestalten dürfen und auch ihre gesammelten Schätze aus der Natur auf dem Tisch einen Platz finden.
Die Basis zur Gestaltung eines Jahreszeitentisches
Benötigt wird, wie schon erwähnt, ein kleiner Tisch, eine Ecke im Raum, ein Fensterbrett oder ein Regalbrett, auf dem der Jahreszeitentisch gestaltet werden kann.
Farbige Tücher
Als Unterlage wird häufig ein Seidentuch genommen, mit einer der Jahreszeit entsprechenden Farbe. Natürlich kann es auch ein einfaches Baumwolltuch sein.
Zum Frühling passen gut Pastellfarben, hellgrün, gelb, rosa und all die Farben der Blumen, die jetzt aus dem Boden sprießen. Zum Sommer passen kräftige Grüntöne, aber auch ein kräftiges apfelrot oder gelb. Zum Herbst passen Brauntöne, orange, gelb und rot. Und zum Winter dann kühlere Farben wie dunkel- oder hellblau und weiß.
Bilder/Karten
Im Hintergrund des Jahreszeitentisch stehen häufig Bilder oder Postkarten, die zur Jahreszeit oder dem Jahresfest passen, oder es hängt ein größeres Bild an der Wand. Wir stellen auch gerne die Jahreszeiten-Bücher von Eva-Maria Ott Heidemann* auf, die wirklich wunderschöne Bilder haben (die es übrigens auch separat als Poster* zu kaufen gibt). Toll sind auch die Bilder aus dem Buch „Die Wurzelkinder“* von Sibylle von Olfers. Schöne und passende Waldorf-Postkarten und Kunstdrucke gibt es zum Beispiel hier beim Waldow-Verlag. Natürlich spricht auch nichts dagegen selber oder mit den Kindern Bilder zu malen, die zur jeweiligen Jahreszeit passen.
Figuren/Püppchen/Tiere
Außerdem finden sich dann häufig Figuren in der jahreszeitlichen Landschaft. Das können Blumenkinder sein, aber auch Fantasiewesen wie Feen, Elfen, Zwerge oder Trolle finden hier ihren Platz. Schöne Püppchen und Figuren findet ihr, wenn ihr sie nicht selbst basteln wollt, bei livipur oder Rund um die Puppe. Auch Ostheimer oder andere Holzfiguren und -tiere sind auf dem Jahreszeitentisch sehr beliebt.
Schätze aus der Natur
Und schließlich werden noch die gemeinsam gesammelten Schätze aus der Natur zur Dekoration gelegt. Im Frühling und Sommer kleine Blumenstäuße, im Herbst Kastanien und Nüsse, im Winter vielleicht etwas Moos. Sicherlich finden deine Kinder auch ganzjährig schöne Steine, Stöckchen oder Blätter, die ihren Platz auf dem Jahreszeitentisch finden. 😉
Ideen und Beispiele zur Gestaltung des Jahreszeitentisches
Manche Familien wechseln die Dekoration des Jahreszeitentisches jeden Monat, andere nur jedes Vierteljahr und wieder andere einfach je nach Lust und Laune. Feste Regeln gibt es hier keine.
Hier ein paar Ideen für die einzelnen Jahreszeiten:
Frühling
Anfangs braunes Tuch, Wurzeln, Wurzelkinder, Mutter Erde erwacht langsam, nach und nach ein paar Blumenkinder, später hellgrünes Tuch, erste Narzissen oder Krokusse, zu Ostern ein kleines Osternestchen mit Eiern oder selbst gesätem Ostergras, ein Hase, Löwenzahn und Gänseblümchen-Bilder, Vögelchen…
Sommer
Wenn der Sommer beginnt weiterhin Blumen und Blumenkinder, aber vielleicht auch die ersten Erdbeeren und Rosen, Marienkäfer, Veilchen, Schäfer mit kleiner Schafherde, Bienen, Bienenwaben, im Hochsommer Sonnenblumen oder zur Urlaubszeit Sand mit Muscheln, blaues Seidentuch als Meer, spielende und badende Kinder…
Herbst
Im Herbst fehlt es wohl nicht an Dekoration: Kastanien, Nüsse, Eicheln, Bucheckern, Zapfen, buntes Laub, kleiner Igel, Eichhörnchen, Lampionblumen, Hagebutten, im Hinblick auf Erntedank dann vielleicht ein kleiner Wagen mit geernteten Früchten, Maiskolben, Kürbisse, Äpfel, Zwetschgen oder ein kleiner Strohballen. Später im November dann Laternen, vielleicht ein Sankt Martin mit seinem Pferd aus Holz, weiterhin Herbstlaub, Zwerge, Wichtel…
Winter
Zunächst Advents- und Weihnachtsdekoration, Tannenzweige, Sterne, Kerzen, vielleicht auch Nikolaus, Engel, oder nach und nach eine Krippenszene, die dann an Heiligabend vollständig ist. Es gibt auch schöne Adventsspiralen, bei denen jeden Tag eine weitere Kerze angezündet wird oder Maria und Josef laufen mit ihrem Esel jeden Tag einen Schritt weiter zur Krippe hin. Nach Weihnachten kommen dann noch die heiligen drei Könige und dann die allgemeine Winterlandschaft. Ein weißes Tuch, Schnee-Postkarten, Schneeglöckchen-Blumenkind, König Winter, Schlittenkinder, Schneemann…
Bücher als Inspiration und Bastelhilfe
Wenn du noch mehr Inspiration brauchst, oder nach praktischen Anleitungen suchst, um Jahreszeitenpüppchen, Blumenkinder oder ähnliches selbst zu nähen, findest du das zum Beispiel in diesen Büchern*:
Im „Jahreszeitenbuch“ findest du neben Deko- und Bastelideen auch Reime, Lieder, Geschichten und Spiele passend zur den Jahreszeiten und christlichen Festen.
Fazit
Der Jahreszeitentisch ist ein schönes Ritual, das sich leicht umsetzen lässt und bei dem die Kinder auch aktiv mitgestalten können. Ich habe mich bisher noch nicht daran getraut Blumenkinder zu nähen oder andere aufwendige Figuren zu basteln, aber das kann ja noch kommen. 😉
Und wie sieht es bei dir aus? Gibt es einen Jahreszeitentisch? Wenn ja, was ist drauf? Ich bin gespannt in den Kommentaren davon zu lesen!
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Hallo,
herzlichen Dank für die tolle Erklärung!
Unsere Familie hat kaum Berührungspunkte mit der Waldorfpädagogik, dennoch pflegen wir inzwischen einen Jahreszeitentisch ?
Entwickelt hat der sich aus meinem „Herrgottswinkel“, ein Regalfach das seit meiner Jugend die Bibel, das Gesangbuch und ein jeweils passendes Bildchen zum christlichen Jahreskreis enthält.
Es begann im Advent vor einigen Jahren, dass aus diesem Winkel eine wachsende Krippenlandschaft wurde. Als die Große noch klein war, haben wir mit Playmobilfiguren die Sankt Martins- Geschichte gespielt, auch diese zogen dann in den Winkel ein.
seit der diesjährigen Karwoche ist eine ganze Kommode zum Jahreszeitentisch geworden und wird jeweils passend dekoriert.
Die Figuren kommen oft aus dem Kinderzimmer (Lego, Playmobil, Schleich, Puppenhauspüppchen, kleine Stofftiere, Autos, Murmeln, Kaufladen… ) oder selbst gebastelt/ modelliert. Die Krippenfiguren sind von Ostheimer oder Holzfiguren von Kunsthandwerkern auf entsprechenden Märkten. Auch Naturschätze finden Platz, Fotos von Menschen an die wir besonders denken…
Es ist eine herrliche Möglichkeit, Kindern be- greifbar zu machen, was gerade dran ist.
In diesem Jahr enthält unser Adventskalender die Figuren zum Buch „Marias kleiner Esel“ (gemixt aus allen oben genannten). Es macht Spaß, sich jeden Tag eine viertel Stunde mit dem Text auseinanderzusetzen und die Landschaft entsprechend zu gestalten.
Liebe Alexandra, vielen Dank für deinen Bericht. Die Landschaft anhand der Geschichte „Marias kleiner Esel“ zu gestalten, finde ich auch eine tolle Idee.