Vor ein paar Monaten wurde ich von einer ehemaligen Teilnehmerin meiner Familien-Gemeinschaftsurlaube auf das Buch „Mütter der Neuen Zeit“ aufmerksam gemacht, bei dem sie Mitautorin ist. Sie fragte mich, ob ich das Buch auf meinem Blog vorstellen möchte, weil sie der Meinung war, dass es sehr gut zu mir und meinen Themen passte. Im Großen und Ganzen geht es um das Thema Mutterschaft und kitafrei, sprich Selbstbetreuung. Das machte mich natürlich neugierig, allerdings fand ich erst jetzt die Zeit, das Buch zu lesen. Dafür hatte ich das umfangreiche Buch nun innerhalb weniger Tage durchgelesen und ja – es hat mir wirklich gut gefallen. Umso mehr freue ich mich nun darüber, es dir heute näher vorzustellen. Denn vielleicht beschäftigen dich die darin enthaltenen Themen ebenso wie mich und du fühlst dich auch als Mutter der Neuen Zeit?

Mütter der Neuen Zeit

Worum geht es und wer sind die Mütter der Neuen Zeit?

Das Buch „Mütter der Neuen Zeit“ ist ein Gemeinschaftsprojekt von 21 Müttern, die in biografischen Berichten von ihren Erfahrungen und Gedanken zum Thema Mutterschaft erzählen. Was sie alle eint, ist dass sie ihre Kinder in den ersten drei Jahren oder auch länger selbst betreuen. Sie folgen damit ihrer inneren Stimme, übernehmen Verantwortung und dafür finanziellen Verzicht und Verlust von gesellschaftlicher Anerkennung in Kauf. Ergänzt werden ihre Geschichten von kurzen theoretischen Ausführungen mit Hintergrundwissen von 21 Menschen (ich schreibe bewusst nicht „Experten“, warum erkläre ich weiter unten), die beruflich mit dem Thema Pädagogik, Mutterschaft, Eltern-Kind-Bindung und Ähnlichem zu tun haben.

Der Untertitel des Buches lautet: „Wir plädieren für eine kindgerechte Entwicklung“ und was damit gemeint ist, steht im Klappentext auf der Rückseite des Buches:

„Kindgerechte Entwicklung heißt für uns, dem Kind ein geborgenes Zuhause zu schenken entsprechend den natürlichen Reifungsprozessen. Denn unsere Kinder zeigen von sich aus, wann sie bereit sind, die sichere Bindung zu verlassen. Wir suchen Wege, unser Muttersein zu leben, und wir leben es trotz aller Widrigkeiten.“

Als Mütter der Neuen Zeit beschreiben sie sich folgendermaßen:

„Wir fühlen uns frei und unabhängig, Mutterschaft authentisch zu leben. Wir achten und wertschätzen diese Aufgabe, die unsere Weiblichkeit ehrt. Für uns bedeutet Muttersein, unsere Potentiale im täglichen Leben zu entfalten.“

Gefühlt fehlende Entscheidungsfreiheit

Heutzutage ist es ganz normal, seine Kinder von klein auf fremd betreuen zu lassen. Wer die Kinder mit einem Jahr noch nicht in der Krippe angemeldet hat, muss schon mit kritischen Kommentaren oder Fragen rechnen. Doch spätestens mit zwei oder drei Jahren ist es dann für viele Eltern wirklich schwierig, ihrer Entscheidung gegen Fremdbetreuung treu zu bleiben, bei all den Argumenten, die uns die Politik und die Gesellschaft für Kita oder Kindergarten einbläuen. Ja, es gilt als Errungenschaft der Emanzipation, dass Frauen durch den Ausbau und die Förderung von Kitas wieder schnell zurück in den Job kehren können. Doch wer fragt uns, ob wir das überhaupt wollen? Und wenn wir es wollen, wollen wir es dann aus Angst, weil wir Sorge haben, ansonsten den Job oder den beruflichen Anschluss zu verlieren? Oder weil wir Angst davor haben, dass sonst das Geld nicht für die Familie reicht? Oder weil wir Angst vor Ausgrenzung und Abwertung gegenüber anderen Frauen haben, die Karriere machen? Und ja, das sind leider alles berechtigte Sorgen.

Doch wie würden wir uns entscheiden, wenn wir uns darüber keine Gedanken machen müssten? Wie würde unsere Entscheidung ausfallen, wenn wir für unsere Fürsorge-Arbeit sogar noch bezahlt werden würden? Denn erst wenn wir wirkliche Entscheidungsfreiheit hätten, könnten wir ganz aus dem Herzen entscheiden und erkennen, wie wir eigentlich leben wollen.

Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich viele Mütter oder Eltern dafür entscheiden würden, die ersten Jahre mit ihren Kindern zu verbringen, wenn ihrer Fürsorge-Arbeit mehr Wertschätzung und auch finanzieller Ausgleich entgegengebracht werden würde. Denn mal ganz ehrlich: Welcher Mutter schmerzt nicht das Herz, wenn sie ihr Kleinkind schreiend in der Krippe abgeben muss? Wie viele Mütter ringen während der Eingewöhnung mit sich selbst und mit ihren Werten? Sie klammern sich an die Worte der Erzieher, die beruhigend sagen: „Da muss das Kind halt durch. Es gewöhnt sich schon dran“. Oder ihnen wird noch dazu selbst ein schlechtes Gewissen gemacht, weil es ja nur daran läge, dass sie sich nicht lösen könnten. Kommt dir das bekannt vor? Hast du das auch zu hören bekommen? Und wusstest du nicht insgeheim, dass es daran lag, dass dein Kind noch zu klein und noch nicht bereit für eine Trennung war? Aber es wird einem leider unheimlich schwer gemacht als Mutter, bei dieser Entscheidung seiner Intuition zu folgen.

Deshalb fühlen sich viele Mütter heutzutage gezwungen, ihre Kinder gegen ihren eigentlichen Willen schon früh fremd betreuen zu lassen. Und das darf nicht sein!

Denn das bringt nicht nur uns Mütter in eine verzweifelte Lage, es ist auch inzwischen vielfach wissenschaftlich belegt, welche problematischen Auswirkungen frühe Fremdbetreuung für die Kinder haben kann. Die ersten Jahre eines Kindes sind prägend für sein Gefühl von Urvertrauen und wenn hier für das Kind eine stabile Bindung, sowie ein Sicherheits- und Geborgenheitsgefühl erschaffen werden kann, kann dies eine wertvolle und stabile Basis für das restliches Leben sein.

Doch für die Entscheidung sein Kind selbst zu betreuen, braucht es Mut. Und es braucht Kreativität, um individuelle Lösungen abseits des Mainstreams zu finden. Mit „Mütter der Neuen Zeit“ möchte die Herausgeberin Sabine Mänken uns Mut machen, unserem Herzen zu folgen. Die individuellen Geschichten der jeweiligen Autorinnen zeigen uns verschiedene Möglichkeiten, unseren Weg selbstbewusst zu gehen.

Selbstbetreuung ist Luxus

Tatsächlich ist das einer der meistgenannten Punkte, wenn es um Selbstbetreuung geht, das man es sich ja nicht leisten könne. Auch Dr. Sara Tröster Klemm spricht das im ersten Bericht des Buches deutlich an. Auch wenn es überall heiße „Kinder sind unsere Zukunft“ und sich über die niedrige Geburtenrate in Deutschland beschwert werde, schreibt sie, wird doch nichts dafür getan, dass uns Müttern mehr Wertschätzung entgegengebracht wird. Wir haben höhere Ausgaben mit Kind, aber gleichzeitig geringere Einnahmen, weil unsere Arbeit unbezahlt ist. Von der Rente mal ganz abgesehen.

Gertrud Martin geht in ihrem Text zum Thema „Elterngeld“ ebenfalls auf den finanziellen Aspekt ein. Tatsächlich wird die Kinderbetreuung nicht als eigenständige Arbeitsleistung eingestuft, sondern als Schadensfall, macht sie uns aufmerksam.

„Das Konzept des „Elterngeldes als Lohnersatz“ behandelt die elterliche Erziehungsarbeit wie eine Krankschreibung oder Arbeitslosigkeit.“

Mütter der neuen Zeit: Gertrud Martin, S. 75

Das bedeutet, dass Eltern, die vor der Entbindung schon gut verdienen, viel Elterngeld bekommen und diejenigen, die studieren, oder „nicht gearbeitet haben“, weil sie vielleicht schon ältere Kinder zu Hause begleiten, nur einen Mindestsatz bekommen.

Dabei haben alle Kinder das gleiche Bedürfnis und den gleichen Anspruch nach Liebe, Geborgenheit und elterlicher Zuwendung und auch die finanziellen Ausgaben für Dinge, die ein Kind wirklich braucht, sind in der Regel ähnlich.

Das 1999 veröffentlichte Kinderbetreuungsurteil besage, schreibt sie weiter, dass es dem Staat nicht erlaubt sei, an die Art und Weise, wie Eltern die Betreuung ihrer Kinder organisieren, Nachteile zu knüpfen oder Vorteile zu gewähren. Doch von finanzieller Wahlfreiheit könne wohl nicht gesprochen werden, wenn nach Ablauf des einjährigen Elterngeldes ein Krippenplatz mit ca. 1000€ im Monat gefördert werde, während es für die weitere Selbstbetretung keinen Cent und erst recht keine Anerkennung gäbe.

Auch Wiltraud Beckenbach formuliert es in ihrem Text traurig, aber deutlich:

„Für mich ist die unbezahlte Arbeit von Müttern nach wie vor die Basis der Wirtschaft, ohne die wirtschaftliche Leistung gar nicht möglich wäre, deren Erträge aber andere abschöpfen.“

Mütter der neuen Zeit: Wiltraud Beckenbach, S.87

Betreuungsgeld für Eltern

Dabei ist es ja gar nicht unbedingt so, dass das Geld fehlen würde. Es wird nur an den falschen Stellen eingesetzt. Ein Wunsch, den auch Jenniffer Ehry-Gissel am Ende ihres Textes formuliert:

„Es wird Zeit, dass die staatlichen Milliarden nicht mehr in den Ausbau der Kitas gesteckt werden, sondern an alle Eltern gehen, die dann selbst entscheiden, ob sie selbst- oder fremdbetreuen… […]. Für eine Demokratie, die im Sinne der Freiheit für ihre Bürger Gesetze schafft, müsste dies doch eine Selbstverständlichkeit sein!“

Mütter der neuen Zeit: Jenniffer Ehry-Gissel, S. 95

Auch Dr. Johannes Resch hält die finanzielle Honorierung der Erziehungsarbeit für sinnvoll.

Wichtig dabei ist, dass dieses Geld den Eltern direkt auszuhändigen ist. Sie müssen die Freiheit haben, selbst entscheiden zu können, ob sie als ihren Arbeitslohn behalten oder damit eine Fremdbetreuung ihrer Wahl finanzieren. Nur die Eltern können in der Regel wirklich beurteilen, welche Betreuungsform für ihr Kind und für sie selbst das Beste ist. So sieht es auch Art. 6 (2) unseres Grundgesetzes vor.“

Mütter der neuen Zeit: Dr. Johannes Resch S. 116

Und ganz genauso müsste es am besten auch mit den alten Menschen laufen, die pflegebedürftig sind, merkt die Mutter und gelernte Altenpflegerin Anne Bernecker in ihrem Text an. Auch hier sollten Angehörige, die sich gerne kümmern würden, finanziell unterstützt werden, sodass sie nicht in Heime abgeschoben werden müssen und sich nur noch als Belastung sehen.

Die große Verunsicherung der Eltern

Wir werden heutzutage oft sogar schon vor der Schwangerschaft mit einer Flut von Expertenwissen konfrontiert, die uns erklären will, wie Kinder funktionieren und was das beste für sie sei. Nach der Geburt geben zahlreiche Ratgeber, Kinderärzte oder andere Eltern Tipps, es wird verglichen, kontrolliert und gemessen. Das beobachtet auch die Logopädin Danielle Stephano seit vielen Jahren in ihrer Praxis. Sie schreibt von der großen Verunsicherung der Eltern:

So trauen sie weder ihrer Wahrnehmung noch ihrer Intuition und können eigene Bedürfnisse und die des Kindes immer schlechter deuten. Die Vorstellungen, wie etwas zu sein hat, verdecken nicht selten die innere Stimme der Mutter. […] Die Konsequenz ist, dass Eltern nicht nur die Betreuung, sondern damit auch ein Stück weit die Verantwortung für die Entwicklung ihres Kindes abgeben. […] Eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Kind und dessen Bedürfnissen, ein bewusstes Hinterfragen von gesellschaftlich vorgegebenen Glaubenssätzen macht aus uns wieder kompetente Begleiter des Kindes auf seinem Weg in die Welt.“

Mütter der neuen Zeit: Danielle Stephano, S. 106-107

Doch die Gesellschaft ist laut und oft ist es bei all dem Lärm nicht leicht, seine eigene Stimme wirklich zu hören. Davon schreibt auch Lydia Islami, die selbst als Erzieherin in Krippen gearbeitet hat, in ihrem Bericht:

„Jede Mutter hat ein Gewissen. Solange sie frei genug ist, sich damit zu verbinden, sagt es ihr, was für sie und das Kind richtig und wichtig ist. Leider werden wir heute sogar aufgefordert „kein schlechtes Gewissen“ zu haben. Ja, wir werden aufgefordert, unsere innere Wahrheit zu überhören! Gesellschaft und Medien tragen da einen erheblichen Anteil bei.“

Mütter der neuen Zeit: Lydia Islami, S. 120

Arbeitskraft statt Kindeswohl

Schlimm finde ich auch immer wieder zu hören, dass Erzieher uns Eltern absichtlich anlügen sollen bzw. dazu gezwungen zu werden, damit den Eltern die Eingewöhnung leichter fällt. „Ja, er hat sich ganz schnell beruhigt“, heißt es dann zur Mutter, obwohl das Kind über eine Stunde verzweifelt nach ihr geweint hat. Warum auch sehr viele Mütter, die selbst Erzieherinnen sind, ihre eigenen Kinder lieber zu Hause betreuen, wird mir bei solchen Berichten doch sehr klar. Sie haben einfach schon „zu viel“ aus dem Kita-Alltag mitgekriegt.

So ging es auch Angelika Zielonka, die als Erzieherin häufig bei Eingewöhnungen mitgelitten und geweint hat.

„Wenn ich sehen musste, wie die kleinen Kinder gezwungen wurden, ihre liebste Bezugsperson, meist die Mutter, zu verlassen, wie sie schrien und mit all ihren Möglichkeiten signalisierten, dass sie nicht hier in der Krippe sein wollten. Immer wieder sollten wir den Eltern sagen, dass es ganz normal sei, dass die Kinder in den ersten Wochen nachts schlecht schlafen, dass sie anhänglich, weinerlich, vielleicht sogar aggressiv und unausgeglichen sind […]. Wir sollten die Eltern beruhigen; doch das alles sind doch eindeutige Signale für die Hilferufe der Kinder!

Ich habe oftmals den Eindruck gehabt, die Mütter spüren die Not ihrer Kinder eigentlich ganz deutlich. Aber sie lassen sich einreden, dass dies ein ganz normaler Ablösungsprozess ist. Auch sei es ja das Normalste auf der Welt, das Baby oder Kleinkind abzugeben, um „endlich wieder Zeit für sich selbst zu haben“ oder wieder seinem Job nachgehen zu können. „Alle machen es doch so…“ Doch nach meiner Beobachtung wollten die Kinder nicht an diesem fremden Ort sein. Irgendwann müssen sie sich dann mit der Situation abfinde, um zu überleben. Dann wird gesagt: „Jetzt hat sich das Kind eingewöhnt. Jetzt geht es richtig gern zur Krippe!“

Wenn die ErzieherInnen, die verstanden haben, was da wirklich passiert, den Eltern die Wahrheit gesagt hätten, hätte die Einrichtungsleitung das nicht gebilligt. Diese ErzieherInnen wären gekündigt worden. Im Vordergrund stand nicht das Wohl des Kindes, sondern eindeutig die verfügbare Arbeitskraft … […] Das ging sogar so weit, dass wir Mütter von kranken Kindern nicht informieren sollten.“

Mütter der neuen Zeit: Angelika Zielonka, S. 198

Und leider sind Angelikas Erfahrungen kein Einzelfall.

Dem Herzen folgen

Verunsicherung, schlechtes Gewissen, finanzielle Sorgen, das alles spielt bei der Entscheidung für oder gegen Fremdbetreuung mit rein.

Die 21 Mütter aus dem Buch haben es geschafft, sich zumindest so weit von diesen Blockaden zu befreien, dass sie den Schritt gewagt haben, ihrem Herzen zu folgen und die Kinder (manche auch erst beim zweiten oder dritten Kind) zu Hause zu lassen.

Einige der Mütter berichten, dass eine große Hilfe für sie war, an ihre eigene Kindheit zurückzudenken. Manche erinnern sich selbst an eine schöne Zeit zu Hause oder haben zumindest durch die starke Bindung zu ihren Eltern ein gutes Urvertrauen mit auf den Weg bekommen. So schreibt Dorothee Dätwyler zum Beispiel:

„Die Gewissheit, bedingungslos geliebt zu werden, losgelöst von Leistung, guten Noten und meinem Verhalten, gab mir den sicheren Halt, mich ganz bewusst für Dinge zu entscheiden, auch wenn andere dagegen sind. […] Mir wurde bewusst, dass wir selbst denken lernen dürfen und müssen, um nicht einfach alles, was gut erscheint, nachzuahmen. Wir Menschen besitzen die Fähigkeit, frei zu denken. Und wir können auch lernen, wieder richtig zu fühlen. Gerade Mamas von noch kleinen Kindern sind so feinsinnig mit ihnen verbunden, dass sie spüren können, was sich stimmig anfühlt und was nicht. Leider übergehen sie es oft, weil „man“ es doch anders macht oder es eben alle „so“ machen.“

Mütter der neuen Zeit: Dorothee Dätwyler, S. 154

Auch Lotte W., die selbst als Kind leider keine stabile Beziehung zu ihrer Mutter aufbauen konnte, beschreibt diesen Zwiespalt ganz deutlich:

„Doch war auch ich immer wieder zwischen den Welten – dem, „wie man es machen sollte“ und dem, „Wie es sich tatsächlich richtig anfühlt“, hin- und hergerissen.

Mütter der neuen Zeit: Lotte W., S. 217

Anne Bernecker schreibt an ihre Kinder:

„Ich möchte euch als Mama zeigen, was im Leben wichtig ist, und euch helfen, authentisch zu bleiben. Denn nur so könnt ihr auch glücklich sein, euch frei fühlen und beitragen, unsere Gesellschaft wieder auf einen guten Weg zu bringen. Es ist, als müsste eine ganze Generation, in Liebe aufgewachsen, diesen Teufelskreis beenden und die Werte der Gesellschaft neu definieren. Ich habe Verantwortung für euch übernommen; ihr wolltet zu mir. Mit aller Kraft und Liebe werde ich euch geben was ihr braucht, und nicht, was die Gesellschaft von mir erwartet.“

Mütter der neuen Zeit: Anne Bernecker, S. 162-163

Auf der Suche nach Gemeinschaft

Gerade wer einen eigenen Weg geht, der von der Gesellschaft nicht sonderlich akzeptiert wird, fühlt sich schnell auch mal einsam und sehnt sich deshalb umso mehr nach Gemeinschaft. Einige der Mütter erzählen im Buch von ihrem Wunsch „ein Dorf“ um sich zu haben. Manche von ihnen sind auch aktiv geworden und haben ein Mütterteam, einen Familiengarten oder ähnliches gegründet. Marjam Beyg schreibt von ihrer Kindheit im Iran, wo es ganz normal ist, dass Mütter immer bei ihren Kindern bleiben, bis zur Einschulung und darüber hinaus.

„In meinem Land ist Mutter zu sein kein sozialer Abstieg oder minderwertiges Nichtstun ohne gesellschaftliche Anerkennung. […] In meiner Kindheit gab es noch die Mehrgenerationenfamilien und ein nachbarschaftliches Netzwerk. [… ] Es herrschte eine unbeschreibliche Vertrautheit und ein Gemeinschaftsgefühl unter den Müttern. […] Wir Kinder waren so selbstverständlich ein Teil der Gemeinschaft. Es gab kein Extraprogramm für Kinder.“

Mütter der neuen Zeit: Marjam Beyg, S. 240-241

Ich kann nur immer wieder den Kopf schütteln, wenn ich das Vorurteil höre, die Kinder würden doch zu Hause nicht ausreichend gefördert werden. Ich glaube keine Erzieherin, die im Zweifel nach 10 Kindern gleichzeitig schauen muss, kann sich mehr Zeit für das einzelne Kind nehmen, als ein Elternteil, das mit den eigenen Kindern zu Hause ist.

Dennoch habe auch ich die Erfahrung gemacht, dass das kindergartenfreie Leben so viel leichter und schöner ist, wenn man mit gleichgesinnten Familien vernetzt ist. Deshalb habe auch ich unserer kindergartenfreien Zeit ein Mütterteam gegründet und viele Stunden mit den Kindern in unserem Familien-Gemeinschaftsgarten verbracht.

Meine älteren Blogartikel zum Thema:

Mit der Vernetzungskarte auf meiner Seite, den Familien-Gemeinschaftsurlauben und den regionalen Vernetzungs-Picknicks (die hoffentlich nächstes Jahr wieder möglich sind), möchte ich Mütter dabei unterstützen, ihr „Dorf“ selbst zu gestalten.

Mein Ratgeber „Kindergartenfrei in der Praxis. Wie du als Mutter Selbstbetreuung und Selbstverwirklichung unter einen Hut bekommst“ gibt Müttern hilfreiche Tipps für den kindergartenfreien Alltag, die Vernetzung und berufliche Möglichkeiten, die sich mit der Selbstbetreuung vereinbaren lassen.

Denn es ist zwar keine leichte Entscheidung, die Kinder selbst zu betreuen, aber ich denke auch, wenn euer Herz eine klare Entscheidung getroffen hat, dann werdet ihr Wege finden, sie umzusetzen. Auch kindergartenfrei.org und zahlreiche Kindergartenfrei Facebookgruppen sind hierbei eine große Hilfe.

„Entscheidungen aus Angst zu treffen, ist schädlich für uns und unsere Kinder. Ich wünsche mir für uns Mütter, dass wir einander in kleinen Gemeinschaften, Mehrgenerationswohnformen und Nachbarschaftshilfen unterstützen. Es ist an der Zeit, dass wir uns als Mütter selbst Wertschätzung schenken und aufhören, uns zu verausgaben. Wir dürfen unsere Wahrheit aussprechen und leben, ohne andere zu bewerten.“

Mütter der neuen Zeit: Marjam Beyg, S. 244

Mütter sind die wahren Expertinnen

Der Artikel ist schon lang geworden, aber es war mir ein Anliegen diese Gedanken zu notieren und Zitate, die mir besonders gut gefallen haben, mit euch zu teilen.

Die 21 Berichte der Mütter aus dem Buch „Mütter der neuen Zeit“ haben mich auf jeden Fall gefesselt, nachdenklich gestimmt, aufgerüttelt, berührt. Und ich bin dankbar für jede einzelne von ihnen, die es mir ermöglicht hat, durch ihren Text einen Einblick in ihr Leben und ihre Gedanken zu geben. Und jeder Bericht hat mich auch neugierig gemacht auf mehr. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass am Ende der Berichte noch Informationen zu angesprochenen Initiativen und Projekten zu finden gewesen wäre, sodass man sich bei Bedarf auch mit diesen 21 Müttern vernetzen könnte.

Eine Mutter schreibt von einem gegründeten Familiengarten, eine Mutter schreibt von einer Schulgründungsinitiative, wieder eine andere von einem Ökodorfprojekt. Aber wo ist das alles und wie kann ich mehr darüber erfahren? Eine Mutter wünscht sich mehr Kontakte zu gleichgesinnten Müttern – aber wo? Eine andere unterstützt Mütter dabei, sich selbstständig zu machen – aber wie? Mehrere Mütter bestärken andere Eltern und berichten von ihren Erfahrungen auf einem persönlichen Blog. Ich kenne ein paar davon schon länger, aber warum wurden diese im Buch nicht verlinkt? Ein Stern Abzug dafür, sozusagen. 😉

Stattdessen werden von den Autoren der kurzen Fachtexte, die zwischen den Berichten stehen, teilweise zahlreiche weiterführende Links und Bücher gelistet.

Und diese Menschen werden dann auch noch immer wieder als Experten betitelt. Warum? Soll nicht die Kernaussage des Buches uns darin bestärken, dass wir Mütter selbst die wahren Expertinnen sind? Warum braucht es hier deshalb diese Bezeichnung, die die Pädagogen und Menschen, die zu dem Thema forschen und arbeiten, besonders hervorheben? Kennen sie sich besser mit unseren Kindern aus, als wir selbst? Ich glaube nicht.

Ehrlich gesagt hätte es für mich die „Expertentexte“ im Buch gar nicht gebraucht. Manchmal habe ich sogar dazu tendiert, sie zu überspringen. Ich habe es dann doch nicht getan und aus dem ein oder anderen konnte ich durchaus auch wertvolle Gedanken mitnehmen. Aber im Prinzip hätte es mir vollkommen ausgereicht, die Geschichten der Mütter zu lesen. Denn darin steckt schon so viel Erfahrung, Weisheit und Liebe zu ihren Kindern, die für mich kein „Experte“ mit seinen theoretischem Hintergrundwissen toppen kann.

Auf meiner Facebookseite werde ich deshalb in den nächsten Tagen übrigens alle Mütter, die im Buch ihre Geschichte teilen, und selbst Projekte initiiert haben, kurz vorstellen und verlinken! 🙂

Fazit

Ein ganz wunderbares Buch, dem es sicherlich gelingen wird, viele Mütter darin zu bestärken, ihrem Herzen zu folgen und sich für eine kindgerechte Entwicklung einzusetzen. Ehrlich gesagt, ich bereue es ein wenig, dass ich mich letztes Jahr nicht gemeldet habe, als Sabine Mänken noch nach Mit-Autorinnen für das Buch gesucht hat. 😉 Ich wünsche mir, dass die Bewegung weiter wächst, sodass keiner Mutter mehr ein schlechtes Gewissen gemacht wird, die sich dafür entscheidet, ihre Kinder selbst zu betreuen.

Und selbstverständlich, das betont auch Sabine Mänken in ihrem Schlusswort noch einmal:

Dabei geht es nicht um eine Retraditionalisierung oder ein Rollback, wie mit wissenschaftlichem Fachjargon versucht wird, die Entwicklung zu mehr Bewusstsein in der Mutterschaft abzuwerten. Es geht auch nicht darum, dass Zuhause-Sein mit der Rolle der Hausfrau zu verwechseln, die noch bis 1977(!) laut BGB ihren Mann fragen musste, ob sie „arbeiten“ gehen darf. Und es geht schon gar nicht darum, die Frauen wieder an den Herd zu binden, ist doch jede Frau hoffentlich emanzipiert genug, sie selbst zu werden. Es geht darum, aus tiefstem Herzen erkennen zu lernen, was Kinder wirklich brauchen, wenn wir sie nicht als Festplatten verstehen wollen, die von außen bespielt und programmiert werden müssen, sondern bereit sind, in der Einzigartigkeit ihrer seelischen Fähigkeiten das Wunder der Welt zu erblicken.“

Mütter der neuen Zeit: Sabine Mänken, S. 267

Schließlich heißt das Buch ja auch nicht „Zurück zur Mutter der Alten Zeit“ sondern eben ganz bewusst „Mütter der Neuen Zeit“. 😉

In diesem Sinne widmet die Herausgeberin das Buch und ihr zukünftiges Engagement all den Müttern, die sie kennengelernt hat, die „über sich selbst hinauswachsend, der Häme des Mainstreams trotzen und das Unmögliche möglich machten.“ (Sabine Mänken, S. 267)

Wie wunderbar formuliert, tragen wir das doch gemeinsam und stark in die Welt hinaus!

Vielleicht kennst du ja auch eine Mutter, für die dieses Buch zu Weihnachten genau das richtige wäre!? Dann kannst du es gerne direkt beim Verlag Neue Erde hier bestellen. An dieser Stelle vielen Dank für das Rezensionsexemplar, das ich über Elisabeth vom Verlag erhalten habe. Danke, dass du „drangeblieben“ bist! 😉

Sabine Mänken (Hrsg.): Mütter der Neuen Zeit
Neue Erde Verlag
ISBN: 978-3-89060-778-8
Klappenbroschur, 14,6 x 20,8 cm, 272 Seiten
Preis: 22,00 € (D)/22,70 € (A)

Wie geht es dir jetzt, nach dem Lesen der Buchvorstellung? Welche Gedanken möchtest du mit uns teilen? Nutze gerne die Kommentare dafür und berichte uns von den Erfahrungen, die du selbst gemacht hast. Betreust du deine Kinder selbst zu Hause? Oder habt ihr eine Betreuungsmöglichkeit gefunden, die für euch alle passt? Ich bin gespannt, davon zu lesen.

PS: Bei @muetterderneuenzeit auf Instagram könnt ihr bis zum 23.12.2020 bei einem Gewinnspiel mitmachen und eins von 10 Exemplaren des Buches gewinnen! 🙂

Mütter der Neuen Zeit – Buchvorstellung
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2 Kommentare zu „Mütter der Neuen Zeit – Buchvorstellung

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